Ich habe letzte Woche ja bereits angekündigt, dass mein Fokus gerade ein bisschen auf der wertfreien Wahrnehmung liegt. Zum einen, weil ich das Thema unglaublich spannend finde, zum anderen aber auch, weil ich glaube, dass das eine meiner größten „Baustellen“ ist. Wir machen uns mit all den Urteilen das Leben selbst schwer und erschaffen so das ein oder andere Mal unnötige Hürden.
Speziell bei mir sorgen Wertungen außerdem dafür, dass ich Angst bekomme. Tatsächlich (über)interpretiere ich Schmerzen, Veränderungen im Körper und Unwohlsein so stark, bis ich irgendwann Angst habe, z.B. umzukippen, keine Luft mehr zu bekommen oder schwer krank zu sein. Zwar habe ich das über die Jahre bereits sehr gut in den Griff bekommen, gerade in stressigen Phasen flackert da aber immer noch einiges auf.
Besonders hilfreich im Umgang mit dieser Art von Angst war für mich der „Bodyscan“. Eine Entspannungstechnik, bei der man in Gedanken durch den ganzen Körper wandert und versucht, alles achtsam und wertfrei wahrzunehmen. Ich halte diese Art der Körperreise für sehr effektiv. Insbesondere, wenn man sie ganz alleine durchführt, also ohne eine gesprochene Reise die unbeabsichtigt Gedanken in den Kopf pflanzt. Mich irritierten gesprochene Reisen ganz häufig, weil ich ganz anders denke/fühle und wahrnehme, als das, was mir der/die Sprecher/in gerade vorspricht.
Damit Ihr eine solche Körperreise alleine für Euch durchführen könnt, müsst Ihr aber natürlich erst mal wissen, worum es genau geht. Ich teile mit Euch heute meine persönliche „Körperreise-Praxis“. Wenn Ihr das Ganze ein paar Mal gemacht habt, findet Ihr sicher Eure ganz eigenen Vorlieben und entwickelt Eure eigene Körperreise. Das solltet Ihr auch, weil eben jeder von uns ganz anders tickt. Vielleicht möchtet Ihr bei einem ganz anderen Körperteil anfangen, möchtet Euch mehr oder auch weniger Zeit nehmen usw. Seht meine „Anleitung“ also nur als Wegweiser und nicht als vorgegebenen Weg. Ihr dürft und sollt davon abweichen!
Anleitung Körperreise
Stellt Euch einen Wecker auf ca. 15 – 20 Minuten und macht es Euch bequem. Ich liege am liebsten auf dem Boden und decke mich zu. Ihr könnt aber auch sitzen, wenn ihr mögt. Wichtig ist nur, dass es für Euch bequem, warm und behaglich ist, so dass Ihr eine Weile in dieser Position verharren könnt. Typische Bodyscans beginnen mit den Füßen. Ich aber beginne bewusst mit dem Kopf weil es mir gut tut. Ihr könnt meiner Meinung nach, wie gesagt, mit jedem Körperteil beginnen, der Euch beliebt.
Lest Euch meine persönliche „Anleitung“ vielleicht einfach ein paar Mal durch und entwickelt dann Euren eigenen Rhythmus und Euer eigenes Vorgehen. So ist es, aus meiner Sicht, immer am effektivsten.
- versuch ein paar Minuten zur Ruhe zu kommen. Atme tief ein und aus, konzentriere dich auf deinen Atem und darauf, wie der Atem durch deinen Körper fließt. Lass auch deine Gedanken fließen. Nimm wahr, wie sie kommen und wieder gehen. Verabschiede sie mit einem Lächeln, wenn Du magst.
- stell Dir vor, dass Du oben auf der Oberkante deines Kopfs ein Schlupfloch hast, in das Du hinein springst. Wandere durch deinen gesamten Kopf. Nimm alle Empfinden, Gedanken und Gefühle wahr. Spüre deinen Kiefer, die Zunge, die Zähne, die Lippen, den Mund, die Wangen, die Nase, die Augen, die Schläfen, die Ohren, die Stirn, deine Kopfhaut, die Haare. Wandere ein Stück runter zu deinem Nacken, spüre den Hals, den Anfang der Wirbelsäule, deine Schultern. Beobachte was zu beobachten ist. Liegen deine Lippen aufeinander, fühlst Du deine Zähne, liegt deine Zunge locker im Mundraum und sind die Augen weich geschlossen. Beobachte ohne zu bewerten.
- Dann gehe weiter über die Schultern, spüre deine Schulterblätter wie sie z.B. auf dem Boden liegen oder vielleicht die Lehne des Stuhls berühren. Wander weiter in deine Oberarme, in die Unterarme, spüre deine Haut, die feinen Haare, bis hinauf zu deinen Händen. Schenk jedem Arm einen Augenblick deine Aufmerksamkeit. Erst rechts und dann links oder umgekehrt. Spüre deine Finger, wie sie auf dem Boden liegen. Welche Teile deiner Hand und deines Arms in Kontakt mit dem Boden kommen.
- Gehe jetzt mit deiner Achtsamkeit weiter über deinen Rücken, die Wirbelsäule entlang. Spüre den hinteren Rippenbogen, dein Steißbein, dein Gesäß. Wandere zurück nach oben und auf die andere Seite zu deiner Brust, dem Brustkorb. Spür wie er sich hebt und senkt. Nimm deinen Bauchraum wahr (gluckert dein Bauch vielleicht? In jedem Fall bewegt er sich!), spüre deine Bauchdecke und wandere weiter hinunter Richtung Beckenboden und Geschlechtsorgan. Spüre auch hier wertfrei nach was ist.
- schlender über die Innenseite deiner Oberschenkel, nimm auch deine Hüfte wahr. Krabbel gedanklich weiter zu den Knien, den Unterschenkeln und in deine Füße hinein. Spüre wie sie fest auf dem Boden stehen und Dich erden. Wie sie dir, auch im Liegen, etwas Halt verschaffen. Spüre jede einzelne Zehe, wie sie den Boden berührt.
- Nimm deinen gesamten Körper wahr. Stell Dir vor, wie Du durch deinen ganzen Körper fährst und jede einzelne Zelle mit Energie, Lebensfreude und Mut füllst. Atme alles schlechte aus und alles gute ein. Vielleicht magst Du bewusst „stark“ atmen, um so ganz langsam wieder im Hier und Jetzt zu landen. Bleib noch eine Weile in deiner Position und spüre gemeinsam mit deinem Atem nach.
Ich hoffe Euch kann der Bodyscan auf Eurem persönlichen Weg, in welche Richtung auch immer, ebenfalls unterstützend begleiten. Ihr findet im Internet natürlich auch geführte Bodyscans /Körperreisen und weitere Anleitungen dazu. Sich weiter zu informieren kann da nie schaden 🙂 Übrigens werden bei uns in Wuppertal auch Gruppen Körperreisen in Yogazentren angeboten. Vielleicht gibt es sowas in Eurer Stadt ja auch!
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4 Antworten auf „#mindfulmonday Achtsamkeitsübung – Bodyscan“
Liebe Sanny,
ohne hier den „Schlaumeier“ raushängen zu lassen, wollte ich noch kurz eine Info teilen, welche ich erst vor Kurzem gelesen habe.
Ich habe gelesen, dass Achtsamkeitsübungen, wie z.B. oben beschrieben, unter Umständen nichts für depressive und schmerzkranke Menschen sind, weil dadurch das negative / schmerzhafte Körperempfinden verstärkt werden kann.
Da Du Dich ja grad so intensiv mit dem Thema beschäftigst, würde ich mich freuen, darüber mal was von Dir zu lesen – vielleicht weißt Du mehr?!
Liebe Grüße
Huhu Häsin,
es geht dabei allerdings vor allem um „echte Meditation“ weil die „Stille“ Patienten mit echten psychischen Problemen, mit Traumata etc. triggern kann und bei Schmerzpatienten, weil das lange „still sitzen“ diese verstärken kann. Hab dazu irgendwann mal kurz auf DieCheckerin was geschrieben. Ist aber ne gute Idee, das hier auch mal einfließen zu lassen. Normalerweise wissen die Leute, wenn sie in Behandlung sind, auf was sie zu achten haben aber es gibt sicher auch etliche, die gar nicht erst zum Arzt gehen und ihre Probleme so vielleicht intensivieren.
Hallo Sanny, danke für die Antwort.
Hallo,
danke für die Anleitung. Ich verwende den Body-Scan auch regelmäßig, einersteits um zu entspannen, aber auch um Gedanken loszulassen und das Körperbewusstsein zu stärken. Ab und zu kombiniere ich den Body-Scan auch mit der progressiven Muskelentspannung, was sehr gut funktioniert.
Liebe Grüße,
Markus